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Neue Weichenstellungen: Hierarchien verändern mit einer alternativen Klassengesellschaft
Wo kommen wir denn hin, wenn wir weitermachen? Wo geht es hin, wenn wir nichts ändern, auf die Gefahr hin, dass die Eigendynamik der Grundfehler den eingeschlagenen Weg weitergeht? Man kann die Fragen für ein Land oder für einen Staat stellen, für eine Kultur, eine Region, wie dies Europa auch ist, natürlich auch für die Menschheit.
Hat unsere europäische Geschichte über zweieinhalb Jahrtausende vielleicht doch nicht einen Leitfaden, ein besonderes Merkmal, ein eigene Prägung? In Athen und bei den Stoikern der Römerzeit; bei den Propheten Judäas; bei der Bekreuzigung; bei den Märtyrern der Anfänge der Neuzeit?
Wenn schon, dann bei ihren Antihelden: bei den Menschen, die jeweils zu ihrer Zeit die Vertreter der staatlichen Ordnung unterschiedlich herausgefordert und die Verachtung ihrer Zeitgenossen geerntet haben. Mutige Menschen gab es und gibt es überall, aber ein Wahrzeichen des Westens liegt darin, dass hier besonders stark eine Tradition der Tapferkeit der einsamen Seele, des Geistesmutes, der Überzeugung des Einzelnen entstanden ist.
Eine weitere Stärke geht auf die Errungenschaft der Aufklärung zurück, ein System der gegenseitigen Machtbeschränkung, von Kontrollen und Gegengewichten – von Checks und Balances – vorzusehen. Eine jede Struktur bröckelt mit der Zeit ab, soweit sie nicht erneuert wird. Ein jedes System braucht das Engagement seiner Kritiker, und deren Duldung. Die Rahmenordnung braucht andererseits Menschen, die ihr – der Ordnung – treu sind und daher eine anders geartete Charakterstärke aufweisen.
Eine dritte Stärke ist aber die Durchlässigkeit und Veränderbarkeit der gesellschaftlichen Klassen: Es müssen immer Möglichkeiten vorhanden sein, die Karten neu zu mischen und die festgefahrenen Hierarchien anzufechten; damit auch die falschen Freundschaften der Seilschaften zu vereiteln. Die Alternative zu radikaler Reform ist Umsturz, und dieser ging historisch meist wenig glimpflich aus.
II.
Der Markt ist das wirtschaftliche Gegenstück zur Demokratie, so der Volkswirt aus Österreich, denn die kleinen Kaufentscheidungen der vielen führen wie ein Votum oder Volksbegehren zu einem demokratisch verankerten Ergebnis auf der Grundlage der Wissensvorteile der zahllosen Akteure. Dem Staat fehlt dieser Wissensvorsprung. Den Großkonzernen auch, möchte man hinzufügen; deshalb bemühen diese sich um Marktverfälschung mittels der Werbung und der Bündelung der Angebote (z.B. in der Form von Markenartikeln). Wie wäre es aber, wenn Volksentscheide nicht der Inbegriff der Demokratie wären?
Trotzdem war es an und für sich keine abwegige Idee, den Markt als Leitinstanz zu sehen. Seine Anonymität hat etwas befreiendes, hier zumindest dürfte man keine falschen Loyalitäten pflegen müssen. Es kommt aber darauf an, wo man mit welchen Prioritäten steht. Der Denkfehler besteht hier – wie auch an anderer Stelle – in der Substantivierung. Der Markt ist lediglich eine Redensart, mal nützlich, meist verfänglich, um komplexe Vorgänge verkürzt abzubilden, darunter einen Mechanismus (oder Prozess) zur Festsetzung und Kontrolle der Preise und der Kosten.
Stellt man die Segel quer, so kann man mühsam auch gegen den Wind vorankommen; den naturgegebenen Egoismus instrumentalisieren, sogar die Gier – aber auch die Eitelkeit – ein Stück befriedigen und bändigen, zum Wohl der Gesellschaft, der Gesamtheit. Gegen einen Orkan kommt man aber nicht an. Und mit dem Wandel des Wirtschaftsklimas kommen Orkane vermehrt auf.
Der Markt war Komponente in einem fein abgestimmten Gefüge von Gewichten und Gegengewichten, oder so konnte man es sich idealerweise denken, und jetzt ist er davon geflogen. Oder sagen wir, er sei unterwandert worden. Wäre das, wenn im großen Stil (wie in der Finanzwelt der heutigen Zeit) das, was früher Landesverrat war?
Wenn aber schon der Markt von Querspielern verulkt wird, dann erst recht die Demokratie in der Fassung des zwanzigsten Jahrhunderts. Für das einundzwanzigste Jahrhundert bräuchten wir ein anderes Demokratieverständnis. Man sollte sich auf die Gefahren der Bündelung besinnen, die den Marktangeboten, aber schlimmer noch dem Parteigedanken zu Grunde liegt, Man besinne sich des lateinischen Wortes: Fasces = Bündel. So steckt populistisches Gedankengut im Keime in jeder politischen Partei, als Erbsünde sozusagen. Die Alternative besteht darin, eine Neumischung der Karten bereits im demokratischen Ablauf einzubetten, indem Zufallselemente eingeführt werden.
III.
Hinter seinen praktischen und polemischen Botschaften birgt dieses Buch einige Leitfäden. Dazu gehört an erster Stelle hier, wie der Titel schon sagt, die sonst halb verschwiegene Selbstverständlichkeit, dass zur Gesellschaft verschiedene Klassen gehören müssen; diese Einsicht trägt dem Umstand zwingend Rechnung, dass die Menschen nicht alle gleich sein können. (Damit wird einem überragenden Prinzip – etwa der Gleichheit vor dem Gesetz – kein Abbruch getan.)
Die Gesellschaft lebt von der Funktionstrennung, obgleich in Ausnahmesituationen diese Trennung aufgehoben werden muss. Jeder hat sich zurechtzufinden und dementsprechend ein Mehr oder Weniger an Verantwortung im Rahmen seiner Talente zu übernehmen. Das heißt umgekehrt, dass jeder zur Verantwortung gezogen – d.h. haftbar gemacht – werden kann. Diese Rechenschaftslegung – wenn es soweit kommt – muss neutral geschehen. Das heißt mitunter: Die entscheidenden (beurteilenden) Mitbürger werden durch Zufall bestimmt. Die prozessualen Regeln (due process) werden eingehalten.
Gleiches Argument anders gesagt: Die Gesellschaft ist filigran und die Menschen auch. Menschen sind verschieden, daher Funktionstrennung, daher auch verschiedene Klassen, deren Zusammensetzung sich aber ständig ändert, um dem natürlichen Verfall entgegen zu wirken. Mit dem Handeln kommt die Selbstverpflichtung. Wer über die Stränge schlägt, muss Rechenschaft ablegen und zwar vor demokratisch bestimmten und qualifizierten Gremien auf die Gefahr hin, dass sein Freiraum beschränkt wird.
Verstärkte, präzise definierte professionelle Klasse
Eine Profession bietet komplexe, teilweise selbstbestimmte, gut bezahlte Arbeit, die das Leben der Anderen berührt, dabei aber von der Verpflichtung einer Sache (einem Ideal) gegenüber geprägt wird. Wer sich der Verantwortung nicht würdig erweist, fliegt raus. Auch Manager und Unternehmer müssen sich professionell verstehen, und nicht nur dem Wort nach. Eine Auslese der Manager geht gemessen und messerscharf zweischneidig vor. Das heißt, den Manipulierern und Hochstaplern droht Berufsverbot. So erhalten die Verbleibenden – Anständigen – Rückhalt.
Präzise definierte politische Klasse
Jedes Mitglied dieser Klasse kann einen bedeutenden (demokratischen) Rückhalt in der Gesellschaft nachweisen. Der Umweg über Parteizugehörigkeit ist ausgeschlossen, und damit steht der Weg für viele frei, die sich dem Gedankenzwang der Parteien nie unterordnen wollten. Die Mitgliedschaft in der politischen Klasse (das Wort hier ist nicht zu verwechseln mit dem heutigen Usus) bringt mit sich noch kein Stimmrecht in einem Vertretungsgremium: Dieses wird per Zufall zugewiesen, und die meisten gehen leer aus. Die Funktionstrennung findet sich wieder in verschiedenen Kammern oder Fachparlamenten. Die Parlamente bestimmen Amtsträger aus dem Kreis der politischen Klasse.
Die selbstbestimmende Klasse der Wähler
Nach wie vor kann jeder wählen gehen. Die Wahl will aber individuell überlegt werden, denn Parteilisten gehören der Vergangenheit an. Wahrscheinlich machen sich weniger Wähler die Mühe als heute, diejenige die dies tun sind aber dafür informierter, aufgeweckter und engagierter.
Die leistungsbestimmte Klasse der Geschworenen
Es handelt sich um die Bürger, die sich durch langjährige regelmäßige Arbeit oder sonstige Leistung als verantwortungsbewusst, lebenspraxisnah und gesetzestreu erwiesen haben. Eine Zufallsauswahl dieser Mitbürger beurteilt in kleinen Gremien über die charakterliche Eignung von Professionellen, Managern und Unternehmern, wenn diese ungünstig auffallen.
IV.
Es zogen sich durch das Buch weitere Fäden, die etwas abstrakter waren. So galt es, unterschwellig den Fundamentalismus zu bekämpfen, wobei dieser nicht nur in der Weltanschauung von religiösen Strömungen steckt, sondern an weniger auffälligen Ecken auch. Er findet sich wieder in der naiven Auffassung von Ethik, die sich in dem moralisierenden Gerede von Prominenten und ihrer Gefolgschaft zeigt. So wird die Ethik als selbständige Instanz dargestellt, ungefähr wie Glaubensbekennende sich Gott vorstellen. Damit verbunden ist der Fokus auf Handlungen und deren Einordnung danach, ob sie mit Regeln übereinstimmen, als ob die Ethik ein Gesetzgeber wäre oder sich in Regeln erschöpfen könnte. Diese Sichtweise wiederholt sich, wenn bei der Analyse des Marktes das Augenmerk auf die einzelnen Transaktionen gerichtet wird, anstatt dass der gelegentliche Gang zum Marktausschnitt lediglich als kleine Kontrollinstanz verstanden wird. In beiden Fällen spukt die spurious precision, also ein abwegiger Perfektionsdrang, mit. Hier wie dort wird davon ausgegangen, das Ganze würde in die Summe seiner Teile aufgehen. Das ist der Reduktionismus: Dieser ist aber lediglich eine Vorgehensweise für die Analyse – in den harten Wissenschaften freilich ein sehr gelungenes Mittel – so wie wenn man ein Problem in seine lösbaren Bestandteile zergliedert. Für bestimmte Problemfelder ist aber genau der umgekehrte Ansatz – der ganzheitliche – vonnöten.
Der Fundamentalismus ist aber nicht nur mit dem Perfektionismus und Reduktionismus verwandt, er sieht sich auch bei den Ideologien wieder, die sich in unserer Gedankenwelt einnisten, ohne dass wir sie richtig wahrnehmen. Man führe sich nur einmal vor, wie über Freiheit und Geld und Leistung oder über Recht und Gleichheit gesprochen wird.
Andrerseits galt es, den Obskurantismus zu bekämpfen. Man könnte dies auch Expertengläubigkeit benennen. Wenn die Dinge nicht gerade einfacher gemacht werden, als sich zulässt, so werden sie von einer anderen Menschengattung gleich um ein vielfaches komplizierter gestaltet. Die Probleme sollte man angeblich den Sachverständigen überlassen; d.h. den Professionellen, die darin versiert sind, die Sachen in Fachsprachen und daneben liegenden Unterscheidungen zu verschleiern.
Somit begegnet uns einerseits das Bestreben, mit Verallgemeinerungen und Vereinfachungen die eigentlichen Fragestellungen zu vermeiden, anderseits mit Hinweis auf die (unendlichen) Kompliziertheit der Dinge alle naheliegenden Lösungen abzulehnen.
Über Persönlichkeit und Persönlichkeiten wird gefällig und gern gesprochen, weniger gern aber über Standfestigkeit und Charakter, oder sonst über die Schlüsselrolle, die einem ausgebildeten Urteilsvermögen zukommen müsste. Über letztere war in diesem Buch auch die Rede. Somit und überhaupt sollte ein Beitrag zu einem Bewusstseins- und Kulturwandel geliefert werden.
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Nachwort
Es war nicht Zweck dieses Buches, allseits Bekanntes wiederzugeben, sondern neue Möglichkeiten aufzuzeigen und an Ansätze zu erinnern, die in Vergessenheit geraten sind. Der rote Faden der vorangegangenen Analysen, Konzepte und Polemiken, die ja zum Thema auf den ersten Blick so Grundverschiedenes haben, ist der Angriff auf den Fundamentalismus, der sich bei uns gerade dort versteckt auslebt, wo man ihn nicht vermutet. Das politische Gegenmittel wäre die Demokratie, verstanden nicht als grober Mehrheitszwang sondern als der Prozess der Konsensbildung unter gut informierten Beteiligten, die sich die Themen unabhängig und reiflich überlegt haben. Das ethische Gegenmittel wäre die Wertschätzung der Unterschiedlichkeit der Menschen: Selbstbestimmung als Verantwortungsübernahme im Einzelnen. Eine klar abgegrenzte gesellschaftliche Klasse von denjenigen Bürgern sollte gebildet werden, die indirekt je nach ihrer beruflichen Orientierung den Wohl der Gesellschaft als ganzes vertreten. An erster Stelle stehen dabei die verschiedenen Professionen. Diese zeichnen sich durch ihre unterschiedliche Berufung oder Verantwortungsübernahme aus. So dient der Mediziner letztendlich nicht den eigenen Patienten oder der Krankenkasse, sondern der Sache der Gesundheit. Der Architekt ist nicht Untertan des Bauherrn, sondern vielmehr der Gestaltung eines gebauten Raumes verpflichtet, der gegebenenfalls über die Generationen hinweg menschengerecht bestehen bleibt. Die Übersetzer und Dolmetscher dienen der Sache der Kommunikation der Menschen mit verschiedener Sprache. Dem Anwalt obliegt die Gerechtigkeit vor dem Gesetz, aber auch die Einhaltung von ordentlichen Verfahrensabläufen („due process“). Der Software-Designer würde den Nutzern IT-Möglichkeiten eröffnen, ohne sie zu bevormunden oder verwirren. Der Journalist ist der wahrheitsgemäßen und kritischen Berichterstattung gewidmet. Und so weiter.
Zugehörigkeit zu einem Berufsstand sowie sonst der Klasse der Verantwortlichen setzt voraus, dass man mit demokratischen Mitteln seinen Status verlieren kann, wenn man seiner Verantwortung grob oder dauernd nicht nachkommt. Das müsste insbesondere für die Managerklasse gelten. Eine jegliche Entscheidung bei einer juristischen Person (das heißt GmbH, AG usw.) müsste einer natürlichen Person mit entsprechendem Gehalt zugeordnet werden.
Zum Schluss soll auf die Verbindungen zwischen den Teilen eingegangen werden. Im zweiten und dritten Hauptteil des Buches wurden strukturelle Veränderungen beschrieben, die uns aus der Misere führen könnten. Zum einen geht es darum, aufzuzeigen, dass man überhaupt andere Wege gehen kann als gemeinhin gedacht: Es gibt durchaus Alternativen. Bei vielen der skizzierten Vorschlägen und Analysen handelt es sich um Beispiele, was alles anders konzipiert werden kann, wenn man sich einmal außerhalb des Käfigs bewegt („thinking outside the box“).
Zum zweiten handelt es sich bei den vorgeschlagenen Strukturen um die Herausbildung einer tiefen Demokratie im Kleinen wie im Großen. Demokratie im Sinne der Offenen Gesellschaft ist nicht endlose Diskussionskultur und auch nicht das Diktat der künstlichen Mehrheiten, sondern die Pflege von Freiräumen für die Annahme aber auch die Zuweisung von Verantwortung. Sie lebt ferner davon, dass zu jeder Machtinstanz als Korrektur und Kontrolle eine asymmetrische Gegenmacht erhalten bleibt: Checks and Balances. Vieles ist eine Sache des kleinen Widerstandes.
Diese Strukturen setzen aber unter den vielen Entscheidungsträgern ein Grundverständnis von Moral und Ethik voraus, das kulturell vielerorts noch lange nicht gegeben ist und wenig gefördert wird. Ausgerechnet unter Menschen, die sich in ihrer gesellschaftlichen Stellung als gebildet geben, fehlen immer wieder Grundeinsichten: zum Beispiel die Erkenntnis, dass zur Ethik mehr als tradierte Vorurteile und subjektive Überzeugungen gehören; dass die Menschen mit unterschiedlichen Charakterzügen ausgestattet sind und somit nicht die gleichen Maximen für sich gebrauchen; dass man sich durchaus über Regeln hinwegsetzen soll, vorausgesetzt, man könne dies im Einzelfall vor sich und Anderen rechtfertigen („Comply or explain“); dass vieles vom Zeitpunkt und der reflektierten Urteilsbildung abhängt.
Diese und weiteren Grundeinsichten summieren sich in der Ablehnung des versteckten Fundamentalismus, der sich in zahllosen Bereichen klammheimlich ausbreitet, aber auch in Überbleibsel der religiösen Überlieferung erkennen lässt. Zu ächten ist andererseits ebensosehr der Obskurantismus, also das gezielte Verwischen jeglicher Klarheit, mit dem Mancher sich aus der Verantwortung ziehen oder den Erhalt seiner Machtstellung verteidigen möchte. Kritisches und konstruktives Denken ist überhaupt schwieriger, als man annehmen mag. Daher dienen die Botschaften des ersten Teils des Buches als Untermauerung für die nachfolgenden Teile.
Ohne den Hintergrund eines handfesten Verständnisses der Rolle der Ethik und der Moral greifen also auch die besten Strukturen zu kurz. Dies gilt ebenfalls, wenn bestimmte Charakterzüge wie Unkraut die Oberhand gewinnen. So breiten sich in unserer Zeit insbesondere die Arroganz und die Bevormundung ausgerechnet dort aus, wo sie sich am wenigsten rechtfertigen ließen. Dafür fehlt vielerorts der Mut, ihnen entgegenzutreten, und sei es zunächst nur bescheiden mit dem Gegenmittel der Verachtung und des kleinen Ungehorsams.
Sind die strukturellen Veränderungen, die hier skizzenhaft beschrieben werden, nicht weltfremd und somit revolutionär? Man muss nicht auf den großen Umsturz warten, um einen Beginn zu machen. Vieles ließe sich sofort in Angriff nehmen, es müssen sich nur die Menschen zusammenfinden, die sich mit Nüchternheit und Kopf anstelle der Romantik der guten Absichten engagieren.
Berufsverbände könnten leicht neue Wege beschreiten, um sich tatsächlich professionell im Sinne ihrer jeweiligen Berufung zu geben und dabei Mitglieder auszuschliessen, die gezielt gegen den Gemeinwohl agiert haben. Ein Berufsverband darf keine bloße Interessenvertretung allein im Sinne seiner Mitglieder sein.
Manager könnten solche Berufsverbände stärken oder ins Leben rufen und darauf drängen, dass bei der Unternehmensleitung bestimmte Anständigkeiten beachtet werden. Anstatt oberflächlich und teuer Public Relations zu betreiben und anstelle einer formellen Compliance, könnten Unternehmen oder deren Aktionäre die Zugehörigkeit der leitenden Angestellten in solchen Berufsverbänden vorschreiben. Ein professioneller Mitarbeiter müsste sich dann eher vor dem Ausschluss aus seinem Berufsverband fürchten, als je vor einem Vorgesetzten.
Der Ausschluss kommt jeweils zum Schluss einer ordentlichen Prozedur vor Gremien, die grundsätzlich einen bedeutenden Anteil an Berufsfremden einschließen. So müsste sich ein Finanzdirektor oder Personalmanager bei groben oder wiederholten moralischen Verfehlungen mitunter vor Mitgliedern anderer Professionen verantworten. Die Solidarität seiner Kumpel würde keine Rettung mehr darstellen.
Kirchen, andere Religionsgruppierungen sowie religionskritische Organisationen könnten sich für die Bildung eines getrennten Ethikparlaments stark machen, um den Umgang mit Sterben, Gentechnik und dergleichen zu erörtern, die Bevormundung durch einen unrepräsentativen und wenig glaubhaften Ethikrat zu beenden und entsprechende Gesetzesänderungen anzustreben. Das könnten sie sogar gleich jetzt machen, ohne auf den Staat zu warten: man gehe aufeinander zu und organisiere Wahlen. Es ist nicht verboten. Mit der Zeit würde man eine Stimme erwerben, die die große Politik beschämt beachten müsste.
Zwischen den Zeilen redeten mit …
Aristoteles, David Hume, Immanuel Kant, John Stuart Mill, Friedrich Nietzsche, G. E. Moore, Ludwig Wittgenstein, Mary Midgley; Adam Smith, Karl Marx, Joseph Schumpeter, John Maynard Keynes, Georges Bataille, Friedrich Hayek; Karl Popper, John Rawls; Albert Einstein, Max Planck; William Butler Yeats; der Karikaturist Matt vom Daily Telegraph und Anita Roddick vom Body Shop. Andere wurden direkt im Text benannt, oder sind zu bekannt, um hier noch geehrt werden zu müssen.
Die Ideen von der Produktsteuer und den generationsgegliederten Steuerarten stammen vom Berliner Volkswirt Dr. Hermann Meemken.
Es ging hier um Ideen und Abwandlungen von Ideen; und richtig neu dürfte wenig dabei gewesen sein, denn die Ideen und sogar schlagkräftige Formulierungen haben Ahnen, die vor kurzer oder langer Zeit Ähnliches gebracht haben. Die Zusammensetzung aber ist neu, wie jede Generation auch. Wir leben halt in der Zeit.
Es wirkten mit …
Da der Autor seine ersten deutschen Sätze mit dreizehn gelernt hat, um mit zwanzig Jahren in die Bundesrepublik zu übersiedeln, war er bei sprachlichen Nuancen und Durchsicht besonders auf Unterstützung angewiesen. Für die umfangreiche Arbeit an den ersten Fassungen mehrerer Texte sei ein herzlicher Dank an Lilli und Marlen gerichtet. Umfangreiches Korrekturlesen einer früheren Fassung hat Petra geleistet.
Vor allem aber hat intensiv an den Endfassungen ausschließlich die jahrzehntelange Übersetzerkollegin Frau Sonja Nagler-Reich mitgewirkt. Über viele Monate hinweg und fast täglich haben wir uns über Feinformulierungen ausgetauscht.
Dank der kritischen und konstruktiven Zuarbeit von Sonja sind dem Leser etliche ungeschickte Passagen erspart geblieben. Nicht zuletzt hat sie meinen teils schlampigen Umgang mit Endungen, dem Geschlecht der Substantive und mein Haftenbleiben bei der alten Rechtschreibung & Interpunktion zurechtgerückt. Eine verbleibende Fehlerquote geht selbstverständlich auf meine Rechnung, dürfte aber weit geringfügiger als bei den meisten Druckerzeugnissen der Gegenwart ausfallen.
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